Eine kleine Französische Bulldoggen-Dame ist mein derzeitiger Schützling. Besondere Merkmale: Stur, dickköpfig und eigensinnig. Sie schnauft, schmatzt und grunzt. Ihr Schnarchen ist ohrenbetäubend, ihr Winseln klingt heiser und knarzend, wie nach zu viel Zigarren und Whisky. Nach Fressen und Trinken ist Kuscheln ihr drittes Lebenselixier. Wärme ihr viertes. Sie schenkt mir ihre Hundeküsse, so oft sie nur kann und ihr kleines Koboldgesicht lässt es erahnen: Sie hat den Schalk im Nacken. Darf ich vorstellen? Das ist Maya.
Maya ist fünf Jahre alt. Ihr Fell ist wunderschön gemasert, sie hat die typische Bully-Schnauze, ihre Krallen sind mädchenhaft rosa. Ihre Fledermausohren hält sie immer kerzengerade aufgestellt. Anlegen tut sie sie nur in den Momenten, in denen sie mich anlächelt. Ich schmelze dahin, wenn sich ihr ohnehin schon knautschiges Gesichtlein in noch mehr Falten legt und sich diese konzentrierte, wache Aufmerksamkeit in ihren braunen Augen in ein warmes, glückliches Leuchten verwandelt.
Maya ist ein kleines, stämmiges, und vor allem sehr gefräßiges Kraftpaket. Gehen wir spazieren, ist sie ein wandelndes Radar, ausschließlich auf kostenlose Fressalien eingestellt. Der Boden nebst für sie erreichbarer Umgebung werden pausenlos und systematisch gescannt. Kein verräterischer Duft entgeht ihr. Sämtliche, für mich unsichtbare Essensreste findet sie und weigert sich stur und beharrlich, daran vorbeizugehen, geschweige denn, sie ungenutzt verkommen zu lassen. Ihr zweiter Vorname lautet übrigens Staubsauger. Hat sie beim Spazierengehen auf die von mir eingeschlagene Richtung keine Lust mehr, setzt sie sich ganz einfach auf ihr kleines, dickes Hinterteilchen, macht ein unbeteiligtes Gesicht und schaut nach dem Wetter.
Durch ihre Besitzerin bin ich mit etlichen Informationen über Maya ausgestattet, unter anderem dem Hinweis, dass sie auch ins Bett darf – wenn das für mich ok ist…? Na ja. Eigentlich…hüstel… ist es das nicht. Bei mir muss sie schon in ihrem eigenen Bettchen schlafen. Soweit Plan A.
In der ersten Nacht wurde ich unsanft aus dem Schlaf gerissen, indem mir ständig jemand auf den rechten Arm boxte. Ein Jemand namens Maya. Sie war in mein Bett gehüpft und in dem Versuch, unter meine Decke zu kriechen, traktierte sie diese vehement mit ihrer Schnauze. Nur dass ich mich für kleine Hundedamen viel zu fest darin eingemummelt hatte. Es blieb ihr also nichts anderes übrig, als meiner verschlafenen Ansage „Geh auf deinen Platz“ Folge zu leisten.
Zweite Nacht, zweiter Versuch. Dieses Mal wurde ich davon wach, dass ich mich nicht mehr nach rechts drehen konnte. Maya lag so schwer und eng an mich gekuschelt da, dass ich weder mich selbst in die gewünschte Richtung bewegen, noch sie von mir wegschieben konnte. Etwas knatschig, aber dennoch folgsam, kehrte sie auf meinen Befehl hin auch in dieser Nacht zurück in ihr eigenes Bettchen.
Die dritte Nacht. Wieder wurde ich geweckt. Doch nicht von dem geradezu hämmernden Wühlen ihrer dafür bestens prädestinierten Schnauze. Auch nicht von ihrem schweren, unverrückbaren Körper. Nein, es war ihr Zittern. Meine kleine Fledermaus hatte sich nicht einfach nur an mich gepresst, sie klebte regelrecht an mir, und zwar zitternd vor Kälte. Es fühlte sich an, als ob ich neben einem dauerrappelnden Wecker liege, nur ohne Ton. Dieses konstante Bibbern hatte sich vibrierend wie Strom über meine Bettdecke auf mich übertragen. DAS hatte mich geweckt. Nun endlich verstand ich, was sie jede Nacht bei mir suchte. Wärme.
Seitdem bringe ich es nicht mehr übers Herz, sie fortzuscheuchen.
„Sie liebt Wärme.“ Auch das hatte mir ihre Besitzerin über sie erzählt. Doch wie sehr Maya besonders nachts genau diese Wärme braucht bei ihrem kurzen, glatten Fell, begriff ich erst jetzt so richtig. Natürlich hat sie in ihrem Bettchen eine eigene Decke, in die ich sie einhülle, wenn wir schlafen gehen, doch strampelt sie sich nachts davon frei.
Also Plan B. Sie darf ins Bett. Nicht direkt in meins, aber zumindest neben mich. Eins ihrer Hundehandtücher liegt nun neben mir, darauf darf sie schlafen und bekommt auf diese Weise zumindest von der Seite meine Körperwärme. Zusätzlich packe ich sie in eine warme Decke ein, aus der nur noch die Spitzen ihrer lustigen Fledermausöhrchen hervorlugen. Sie sieht aus, als hätte sie einen dicken, flauschigen Bademantel an. Erinnert ein bisschen an E.T. Und an Gismo.
Das also ist Maya.
Sie präsentiert mir rund um die Uhr ihre Bully-Show. Das volle Programm, als Bonus gerne untermalt von deftig aromatischen Hundepupsen, dass es mir die Tränen in die Augen treibt. Seit der zweiten Nacht schlafe ich mit Ohrstöpseln. Nasenstöpsel waren leider aus.
Eine kleine Französische Bulldogge hat mein Herz im Sturm erobert. Maya.